Leserbrief zu „FC Augsburg – Der Aufstiegskandidat, den keiner will“

Am 11.04.2010 habe ich einen Leserbrief an Herrn Glindmeier von Spiegel Online geschrieben, weil er einen Artikel über den FC Augsburg verfasst hatte, bei dem ich ihm in einigen Punkten widersprechen musste.

Der Artikel findet sich hier. Nett daran ist auch das Foto von letzter Saison noch mit Impuls als Hauptsponsor und Mouri im Hintergrund.

Geschrieben hab ich das Folgende:

Sehr geehrter Herr Glindmeier,

auch wenn ihr Artikel „FC Augsburg – Der Aufstiegskandidat, den keiner will“  schon 2 Monate zurück liegt, muss ich doch mit einem Leserbrief meine Meinung zu diesem sympathischen Verein kund tun und einigen Punkten ihres Artikels widersprechen und die Fakten gerade biegen.

  1. Beliebtheit bei Vereinen aus der ersten Bundesliga

Ticketmanager größerer Arenen, die nicht regelmäßig ausverkauft sind, würden lieber Düsseldorf oder Union Berlin neben den beiden Traditionsvereinen 1. FC Kaiserslautern und dem FC St. Pauli an der Tabellenspitze der zweiten Liga sehen.

Es mag sein, dass der FCA nicht den höchsten Zuschauerschnitt in der 2. Liga hat, und in dieser Kategorie vor allem von Kaiserslautern und Düsseldorf überboten wird. Dazu muss man allerdings anmerken, dass auch in Düsseldorf das Stadion halbleer, da vollkommen überdimensioniert, ist. Den Vergleich mit Union Berlin kann ich an dieser Stelle überhaupt nicht nachvollziehen, denn Union hat nur einen Zuschauerschnitt von aktuell 13.665 Menschen und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese alle die Auswärtsfahrten bis nach z.B. Karlsruhe mitmachen. Insgesamt gibt es basierend auf der Betrachtung der Ticketverkäufe im Moment nur fünf Vereine, die über dem FC Augsburg in der zweiten Liga liegen (Quelle: http://www.kicker.de/news/fussball/2bundesliga/spieltag/2-bundesliga/2009-10/zuschauer-der-saison.html Stand: 11.04.2010).  Es bleibt anzumerken, dass unter Betrachtung dieses Punktes Vereine wie Rostock, Cottbus, Karlsruhe, Duisburg oder Bielefeld bei den Erstliga-Managern noch unbeliebter waren. Der FC Augsburg stellt daher schon fast eine Verbesserung in deren Gedanken dar.

Was mich an dieser Argumentation in ihrem Artikel aber am meisten stört ist das Kriterium. Es mag wohl sein, dass aus wirtschaftlicher Sicht andere Vereine in der ersten Liga bevorzugt werden, aber solange sich ein Verein sportlich qualifiziert, kommt es nur noch aus Lizenzgesichtspunkten auf die wirtschaftliche Seite an. Deswegen spielen auch Hoffenheim, Wolfsburg, Leverkusen, etc. in der ersten Liga, denn diese Vereine haben anscheinend genügend sportliche Klasse. Mir fehlt insgesamt in ihrem Artikel eine breitere Würdigung des sportlichen Aspekts, denn was die Mannschaft aus sportlicher Perspektive dieses Jahr geleistet hat, ist sowohl sehenswert als auch erfolgreich. Mir haben die Spiele, die ich bisher dieses Jahr verfolgen konnte, sowohl im DFB-Pokal als auch in der 2.Liga Spaß gemacht und warum Sie vom FC Augsburg anscheinend ein so langweiliges Bild haben kann ich wirklich nicht nachvollziehen.

Wenn Sie schon neben dem sportlichen Aspekt noch einen weiteren in die Kalkulation einbeziehen wollen, dann doch bitte das Verhalten der Fans anstatt ihrer wirtschaftlichen Kraft. Und nachdem es in den letzten Monaten viele Verurteilungen des DFB unter anderem für die Vereine in Köln, Nürnberg, Berlin und Frankfurt gegeben hat, bleibt an dieser Stelle anzumerken, dass die Augsburger Fans doch durchweg friedlich sind. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann man den durchschnittlichen Bundesligamanager also nur beruhigen.

  1. Ticketpreise

Ein Grund für das geringe Interesse dürften die vergleichsweise hohen Ticketgebühren sein. 36 Euro kostet ein Sitzplatz auf der Gegengeraden. Bei St. Pauli beispielsweise kostet ein ähnlicher Platz die Hälfte.

An dieser Stelle bin ich komplett verwundert, denn diese Darstellung ist sachlich komplett falsch, in Beziehung auf die reellen Kartenpreise. Dabei  bin ich selbst ein großer Kritiker des heutigen Preissystems, was aber nicht an der reellen Höhe der Preise liegt – dazu aber später mehr. Denn zuerst will ich einige Unwahrheiten in ihrem Artikel aufzeigen. Sie schreiben, dass beim FC Augsburg ein Platz auf der Gegengeraden 36,- Euro kostet. Dies ist nicht wahr. Ein Platz auf der Gegengeraden kostet 33,- Euro (Quelle: http://www.fcaugsburg.de/cms/website.php?id=/index/tickets/impulsarena.htm Stand 11.04.2010). Abgesehen davon kann ich nicht nachvollziehen, dass sie erkennen wollen, dass ein ähnlicher Platz bei St. Pauli nur die Hälfte kostet.  Die Karten in der Mitte der Gegengerade kosten bei St. Pauli auch 35,- Euro. Der günstigste Platz auf der Gegengeraden bei St. Pauli kostet 22,- Euro (Quelle: http://www.fcstpauli.com/staticsite/staticsite.php?menuid=1936&topmenu=168&keepmenu=inactive Stand 11.04.2010).  Das ist teilweise mehr als beim FC Augsburg oder aber nur 2/3 des Preises. Wo sie daher die Idee herhaben, dass vergleichbare Karten am Millerntor nur 50% kosten ist mir ein Rätsel. An dieser Stelle noch ein weiterer Punkt, der meiner Ansicht nach in Augsburg höhere Preise rechtfertigen würde, auch wenn die fußballerische Leistung diese Saison recht identisch ist:  Das Stadion in Augsburg ist fertig und in St. Pauli wird noch gebaut…

Aber wie schon erwähnt ist mir bewusst, dass der FC Augsburg mit der Festlegung der Kartenpreise im neuen Stadion nicht das große Los gezogen hat, was aber nicht an der Höhe der Preise im Generellen sondern an der Ausgestaltung des Preissystems im Detail liegt. Ihre Kritik ist mir daher einfach zu pauschalisiert, denn das Preissystem hat sehr wohl einige Haken – eine bessere Recherche hätte in dem Punkt wohl nicht geschadet. Wie oben gezeigt, sind die Kartenpreise mit denen in der Liga generell vergleichbar – zumindest auf eine pauschale Art und Weise.

Hier kurz zwei Kritikpunkte, die das Preissystem unsympathisch machen, die von Ihnen aber leider nicht aufgegriffen wurden:

–          Die Preise auf den Geraden werden nicht nach Spielfeldhöhe differenziert. So kosten Karten auf Höhe der Eckfahne genau so viel wie Karten auf Höhe der Mittellinie. Alle Karten kosten 33,- Euro. Bei St. Pauli beträgt die Spanne zwischen 35,- und 22,- Euro und es gibt eine Unterteilung in drei Kategorien. Allerdings sehe ich es auch nicht ein für einen Platz auf Höhe der Eckfahne genau so viel zu bezahlen wie auf Höhe der Mittellinie. Die Perspektive auf das Spielfeld ist auf Höhe der Eckfahne sicher schlechter und sollte daher weniger kosten.

–          Ein leidiges Thema beim FC Augsburg sind für mich weiterhin die Ermäßigungen. Beim FC Augsburg wird sehr oft die Fahne des bodenständigen Vereins hoch gehalten. Bei den Ermäßigungen zeigt sich hier genau das Gegenteil. Auf Tageskarten gibt es nur Ermäßigungen für Kinder bis 16, Mitglieder und Schwerbehinderte ab 70%.  Hier sollte sich der FC Augsburg dringend ein Beispiel an anderen Vereinen wie dem St. Pauli nehmen. Ermäßigungen für Kinder bis 18 Jahre, Schüler jeden Alters, Studenten, Wehr- und Zivildienstleistende, Rentner und Arbeitslose halte ich genauso gerechtfertigt wie für Schwerbehinderte ab 50%. Warum beim FC Augsburg für die Stehplatzdauerkarten andere Voraussetzungen gelten als für Tageskarten und andere Dauerkarten und bei Schwerbehinderten die Grenze von 50 auf 70 Prozent vor der Saison geändert wurde, ist mir nicht ersichtlich.

  1. Mannschaftszusammensetzung

Doch während die Aufstiegskonkurrenz von Hamburg über Düsseldorf bis Kaiserslautern die eigenen und sogar manch gegnerischen Anhänger verzückt, indem sie auf junge, freche Spieler wie Deniz Naki (St. Pauli) oder Sidney Sam (Lautern) setzt, wird der FCA von gegnerischen Fans gerne als Resterampe der Bundesliga verspottet.

Auch hier ist mir das Urteil zu pauschal und spätestens seit dieser Saison ist diese Aussage sicher nicht mehr richtig. Die Augsburger Fans haben auch in dieser Saison das Verhalten angeprangert, dass in den letzten Jahren zu viele alte und verbrauchte Fußballer geholt wurden. Dies wird durch das Bild, welches ich Ihnen im Anhang mitgeschickt habe bezeugt.

In dieser Saison wird die Mannschaft, aber vor allem in der Offensive von Spielern getragen, die nicht  nur sympathisch, sondern auch jung und frech sind. Michael Thurk ist in diesem Verbund eher die Ausnahme, jung nur im Geiste, dafür aber umso frecher und mit mittlerweile 22 Saisontreffern umso erfolgreicher.

Der FC Augsburg hat mit Ibrahima Traore (21 Jahre / 6 Tore / 10 Assists) und Marcel Ndjeng (27/5/9) haben beide ihre besten Jahre als Fußballer noch vor sich und sind im Moment wohl die beste Flügelzange der zweiten Bundesliga. Im zentralen Mittelfeld lenkt mit Daniel Brinkmann in dieser Saison ein 24jähriger das Spiel, dem es in der Offensive ab und an noch an der letzten Konsequenz mangelt, der aber eine beachtliche Debütsaison in der Fuggerstadt spielt. Zusammen mit Daniel Baier (25), sehe ich hier das zentrale Mittelfeld der Zukunft des FC Augsburg.

Aber auch die eigene Jugend kommt in Augsburg in dieser Saison wieder vermehrt zum Zuge. Sowohl Robert Strauß als auch Stephan Hain haben in dieser Saison schon einige Einsätze von Jos Luhukay bekommen.  Bei Stephan Hain wären es ohne Verletzungen sicher mehr Einsätze gewesen. Zudem hat Jos Luhukay Moritz Nebel zu seinem Profidebüt verholfen.

An dieser Stelle wäre es aus ihrer Perspektive sicher besser gewesen, darauf hinzuweisen, was sich in dieser Saison in Augsburg verändert hat: Es ist endlich wieder Ruhe und Konstanz eingekehrt und mit Jos Luhukay wird erstmals seit Rainer Hörgl wieder ein Trainer eine ganze Saison auf der Bank des FC Augsburg verbringen. Dies hat sicher mit der Qualität des Trainers und seiner Arbeit zu tun, die sich im guten Tabellenplatz wiederspiegelt.

Ich hoffe daher, dass Sie am Montagabend die Chance nutzen, sich die Mannschaft des FC Augsburg genauer zu betrachten. Vielleicht kommen Sie im Zuge der letzten Saisonspiele nach Augsburg und schauen Sich an was hier in den letzten Jahren aufgebaut wurde – ein Traditionsverein hat seinen Platz im Profifußball, den der FC Augsburg in den 70er Jahren schon einmal hatte, wieder zurückerobert.

Viele Grüße aus Frankfurt

Andreas Riedl

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